Wer sich nicht „an den Worten des Herrn festklammert“, sondern auf
Kartenleser und Horoskope vertraut, droht „unterzugehen“. So mahnte Papst Franziskus die Christen bei einem
Angelusgebet im August.
Gehört es eigentlich wie das Amen im Gebet zum Amt des Oberhirten, Astrologie
zu verurteilen? Um die Deutungshoheit in puncto Seele nicht aus der Hand zu
geben?
Schauen wir ein paar Jahrhunderte zurück, dann sehen wir, dass es unter
den Päpsten nicht nur echte Astrologie-Fans gab, sondern sogar leibhaftige
Berufsastrologen den Petristuhl bestiegen. So geschehen um das Jahr 1000, als
Bischof Gerbert d’Aurillac zu Silvester II. gekürt wurde?
Silvester ließ
sogar einen Flügel des Lateranpalastes in ein Observatorium umbauen, wobei
daran zu erinnern ist, dass Astrologie und Astronomie damals zusammen gehörten.
Sein Ziel war, das Christentum weiterzuentwickeln, indem er die Aufnahme
arabischer Wissenschaften förderte. Im 4. Jahrhundert hatten Astrologen ja
durch diverse Konzilien Berufsverbot erhalten und waren ins muslimische Exil
geflüchtet, wo das antike Wissen und eben auch die Astrologie von den
Herrschern gefördert wurde. Al-Kindi
etwa, Al-Biruni oder Ali
ben Ragel sind klingende Namen arabischer Wissenschaftler, die auch
bedeutende Astrologen waren. Von Ali ben
Ragel stammt zum Beispiel das „Große
Buch über die Urteile der Sterne“. Solche und viele andere Werke wurden
später, als Astrologen wieder zurückkehrten, in christlichen Klöstern ins
Lateinische übersetzt und aufbewahrt -
bis die Zeit reif wurde für die große Blüte der Astrologie.
Diese erlebte
die Welt zwischen 1450 und 1650. Es herrschte reges universitäres Leben, und an
den meisten Universitäten, so auch in Wien, wurde Astrologie gelehrt. Einer der
herausragenden Gelehrten war Philipp
Melanchthon (1497-1560),
von dem der Ausspruch stammt: „Wertvoll und wahrhaftig ist die Wissenschaft der
Astrologie, eine Krone ist sie des Menschengeschlechts und ihre ganz ehrwürdige
Weisheit ein Zeugnis Gottes.“ Melanchthon war Theologe, ein Freund und Kollege Martin Luthers in Wittenberg. Doch während dieser nichts für
Astrologie übrig hatte, unterrichtete der kleine, nur etwa 1.50 Meter große
Melanchthon an die 2.500 Studenten, die dem charismatischen und witzigen Lehrer
in den Vorlesungen nur so an den Lippen hingen, und das, obwohl er gelispelt
haben soll.
Porträt Philipp Melanchthons nach einem Ölgemälde auf Holz von Lucas Cranach d. Ä.,datiert 1543 (Wikipedia) |
In der
Renaissance kommen auch wieder die Päpste ins Spiel. Papst Julius II., dem wir ja die Peterskirche verdanken, beauftragte den
Künstler Raffael mit dem Ausmalen einiger Räume des Vatikans. Etwa in seiner
großartigen Komposition der „Disputa“
in der Stanza della Signatura stellte
Raffael die Vereinigung der
Astrologie mit der Religion und der Philosophie dar. Auch Papst Leo X. schätzte die Astrologie, ebenso Papst Paul III., der, so schreibt Wilhelm Knappich in seiner „Geschichte
der Astrologie“, „seinem Lehrer in Astrologie, dem flämischen Theologen Albert Pighius, ein fürstliches Honorar“
zahlte.
Die Astrologie ist also viel enger mit der Kirchengeschichte verknüpft,
als den meisten Menschen bewusst ist. Und dafür gibt es auch noch andere
Hinweise.